Wido sagte: „Hat Gott kein Mitleid mit den Toma? Andere Völker kennen die Schrift. Nur die Toma bleiben unwissend.“ Gott sprach: „Ich fürchte, daß ihr keine Achtung mehr vor dem Glauben und den Überlieferungen haben werdet, wenn ihr fähig seid, euch schriftlich auszudrücken.“ „Gar nicht“, erwiderte Wido, „wir werden weiterleben wie vorher. Ich verspreche es.“ „Wenn es so ist“, sagte Gott, „will ich euch die Kenntnis der Schrift gewähren, aber nehmt euch in acht, dass ihr sie nicht einer Frau verratet.“
(aus: Gelb, Ignace; A Study of Writing, Chicago 1952)
Es muss einmal gesagt werden, dass auch der Abt Johannes Trithemius (1462-1516), nach dem das Teestübchen benannt ist, nicht besonders gut über die Frauen dachte, und so warnt er in der Praefatio zur „Steganographia“, seine Geheimschrift, die von ihm um 1500 erfundene Steganographie, bringe die eheliche Treue in Gefahr, denn mit Hilfe der Verschlüsselung könnte ein Liebhaber der untreuen Ehefrau geheime Botschaften zukommen lassen, „wobei der Ehemann noch den Überbringer machen und den Inhalt loben würde. Auf eben dieselbe Weise könnte die Frau ganz unbesorgt ihre Wünsche in beredeten Worten zurücksenden.“
Weil die Einstellung des gelehrten Abtes zu den Frauen durchaus tadelnswert ist, zeige ich heute nicht seine Steganographie, sondern eine andere Geheimschrift: die „Freimaurerische Winkelschrift“. Wer die Botschaft links entschlüsselt, wird eine „Ehrenrettung der Frau“ durch den Kaffeeröster Albert Darboven lesen können. Das Konstruktionsprinzip der Freimaurerischen Winkelschrift ist recht einfach, weshalb der Universalgelehrte Giambattista della Porta sie hochmütig als Schreibweise verspottete „derer sich Landleute, Dämchen und sogar Kinder bedienen könnten.“ Eine kompliziertere Geheimschrift ist freilich nicht nötig, wo die meisten Leute Analphabeten sind. 18 Buchstaben des Alphabets stehen paarweise in einer Matrix. Zum Verschlüsseln zeichnet man jeweils das zugehörige Winkelelement. Der 2. Buchstabe im jeweiligen Feld der Matrix wird mit einem Punkt angezeigt. Zum Entschlüsseln liest man die Buchstaben aus den Matrixen aus. Das ist kinderleicht, kann jeder Landmann und erst recht jedes „Dämchen“. Diese Verschlüsselung nach dem sogenannten Substitutionsprinzip (Buchstabenersetzung) ist mehr intellektuelle Spielerei als Geheimnis, weil ebenso leicht zu ver- wie entschlüsseln, und ist in Europa spätestens mit allgemeiner Literalität nicht mehr gebräuchlich.Zur Erläuterung: Steganographische Systeme sind nicht als Geheimschriften zu erkennen, sondern spiegeln dem unbefangenen Betrachter einen Sinn vor, um den es gar nicht geht. So besteht das steganographische System des Trithemius aus lateinischen Vokabeln, die sich beliebig zu grammatisch korrekten Sätzen kombinieren lassen. Die geheime Botschaft enthüllt sich, wenn man nur die Anfangsbuchstaben hintereinander weg liest.
Wieso hat hier das Alphabet nur 18 Buchstaben? Es fehlen „j“, „k“, „u“ und „w“, denn sie sind historisch gesehen erst später dem lateinischen Alphabet zugefügt worden. Das kleine „i“ ist ein Halbvokal und kann „i“ oder „j“ bedeuten, „c“ hat zwei Lautwerte, „c“ oder „k“. Das „u“ ist ebenfalls ein Halbvokal und kann „u“, oder „v“ bedeuten. Mit dem doppelten „u“ (engl. double-u) kann man das „w“ schreiben. U-x-y-z haben eine eigene Matrix.
Viel Vergnügen beim Entschlüsseln, liebe Landleute, liebe Dämchen und liebe Kinderlein!
Die Frau…….. so als Dämchen hab ich’s geschafft. Tolle Idee, lieber Jules!
PS: wollte nicht alles verraten!
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Dachte ich mir, dass dir der Eintrag gefällt, liebe Ann. Zur Lösung: Den Spruch kenne ich nur mit „Der Hund …“, unfassbar, was Herr Darboven sich da aus dem Kopf gewrungen hat 😉
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es gibt schon interessante Weltbilder 😉
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Eines der Dämchen hat aber ein kleines Problem mit dem > und würde es gerne auf die Spitze stellen.?
Hat richtig Spaß gemacht heute, vielen Dank!
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Freut mich und du hast Recht. Ich korrigiere das. Vielen Dank für den Hinweis!
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Sehr frech. Und das von einem Mann, dessen Produkte ich ungemein schätze. Aber ich will es nochmal gut sein lassen, dämchen muss berücksichtigen, dass Darboven mit 80 ja schon in die Riege der Scheintoten aufsteigt, denen man merkwürdiges Verhalten dem anderen Geschlecht gegenüber nachsehen sollte.
Aber was anderes: Wieso fühlen sich hier nur Frauen zum Rätseln angesprochen? Ist die Winkelschrift womöglich für Männer zu kompliziert? (Dich mal ausgenommen, Jules.)
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Das Zitat habe ich irgendwann in den 1990-er Jahren aus einer Zeitung abgeschrieben. Natürlich stand es da nicht in Winkelschrift. Jedenfalls war er da noch keine 60. Ich glaube auch, dass die Grundhaltung eines Mannes immer gleich ist. Sein Kaffee schmeckt jedenfalls.
Zu deiner Frage, liebe Annette: Ich hoffe darauf, dass mich meine Geschlechtsgenossen nicht im Stich lassen. Der Tag ist ja noch jung.
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und denken sich ihr Teil? Der Beweis, den Annette vermisst hat, wäre hiermit in zweifacher Hinsicht angetreten.
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In der Tat. Und was soll ich sagen: Die Winkelei des Wortmischers gefällt mir weit besser als die von Darboven! |-D
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Freund Wortmischer versteht halt, sich beim weiblichen Geschlecht beliebt zu machen
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Männer haben keine Zeit, sich mit diesem Problem zu beschäftigen, weil sie genug damit zu tun haben, ihre rätselhaften Partnerinnen zu verstehen. Könnte jedenfalls aus Ausrede herhalten, oder?
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Frauen verstehen? Dazu sagte mein Freund Coster einst: „Manche beschäftigen sich mit einfacheren Dingen – der Relativitätstheorie zum Beispiel.“ Da sollte doch die Winkelschrift nur ein kleines Problem sein.
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Also jetzt aber. Ob ein Mann eine Frau versteht, hängt sicher von beiden ab. genauer gesagt von ihrer Sender-Empfänger-Kompatibilität. Wobei ich durchaus zugebe, dass manche Frauen keine guten Senderinnen sind. Und wenn der dazu gehörige Mann auch noch ein schwacher Empfänger ist, dann tut er sich vielleicht tatsächlich leichter mit der Relativitätstheorie.
Ich denk mir immer: Annette, sei rätselhaft in den Dingen, die für den Mann wichtig sind. Und klar heraus in denen, die Dir selbst Herzensangelegenheiten sind. Dann klappt das nämlich prima!
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Wir kokettieren ja nur mit der Schwierigkeit Frauen zu verstehen. Manfred hat damit angefangen. „Schwache Empfänger“ kommen gar nicht auf die Idee, dass etwas jenseits ihres Horizonts liegen könnte. 😉
„Rätselhaft in den Dingen, die für den Mann wichtig sind“, ist hübsch.
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Verstehe ich nicht.
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Schon klar.
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Stöhn! Jetzt endlich geschafft! Diese Freimaurer!!!
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Glückwunsch!
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Lieber Jules, ich finde gefallen daran, im Moment so selten zum Lesen auf WP zu kommen. Was mir bei anderen Blogs unangenehm aufstößt, ist bei dem deinen, recht reizvoll. Heute morgen wird deine Seite tatsächlich zu einer Zeitschrift. Um neun Uhr morgens bin ich also beim Rätselteil angelangt. Als Dämchen musste ich die Herausforderung natürlich annehmen und kann mich jetzt den Leserzuschriften widmen, die ebenso schön zu lesen sind. Das Frauen gar nicht so schwer zu verstehen sind, wisst ihr ja selbst. Kokettieren wir weiter, bis uns eine bessere Ausrede einfällt.
Liebe Grüße
Mitzi
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Liebe Mitzi,
dich hatte ich ehrlich gesagt schon vermisst. Dieser „Moment“ kam mir länger vor als er war – ein Fall von durch Zuneigung verursachte Zeitdehnung. Dass du jetzt wieder kommentierst, sogar heute einen neuen Text veröffentlicht hast, freut mich.
Du hast Recht. Frauen zu verstehen ist nicht schwerer als die Entschlüsselung der Winkelschrift. Missverständnisse und Kommunikationsstörungen jeder Art sind ja ein zwischenmenschliches Phänomen. Wer versteht, sich in sein Gegenüber einzufühlen, kommt schon klar.
Lieben Gruß,
Jules
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Das empfinden einer solchen Zeitdehnung ist ein schönes Zeichen.
Manchmal passiert im echten Leben zu viel und ich konzentriere mich gerne auf eine Sache, als eine Handvoll halbherzig zu machen. Unser Blogs sind kleine Zeitfresser.
Liebe Grüße
Mitzi
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