Adventskalender – 12. Türchen – Weihnachtsmann-Schlauchhosen, Elefantenrüsselslips und wo Herr Sauer war

tür12

Der heutige Text ist einer meiner liebsten. Ich habe ihn vor gut zehn Jahren geschrieben und für die heutige Veröffentlichung stilistisch etwas geglättet. Damals wurde Angela Merkel erstmals deutsche Bundeskanzlerin. Sie feiert also heuer Jubiläum. Ich feiere das nicht, weise auch nur zum Verständnis der Textpointe auf den Zeitbezug hin. Sonst ist der Text noch immer aktuell, hat zehn Jahre Merkel-Kanzlerschaft unbeschadet überdauert. Wir sind auf dem Aachener Weihnachtsmarkt. Es ist kalt und schneit ein wenig …


Weihnachtsmann-Schlauchhosen, Elefantenrüsselslips und wo Herr Sauer war

Ich habe einen Weihnachtsmann in einer roten Schlauchhose gesehen.
Rote Schlauchhosen sehen nicht gut aus am Weihnachtsmann.
So ungefähr wie Fick-mich-Stiefel am Weihnachtsengel.

Der hier stand auf dem Weihnachtsmarkt nahe dem Rathausturm und wippte stilisierte Elchgeweihe in der Hand, grüner Kopfbügel, rote Elchschaufeln. Die Leute zogen achtlos vorbei, und er guckte, als wollte er sagen: Dafür habe ich Lesen und Schreiben gelernt.

Vor einigen Monaten hat die Weihnachtsmann-Vermietungs-Agentur neue Weihnachtsmannkostüme bestellt.
„Was? So teuer?!“, hat der Einkäufer seinen Lieferanten gefragt.
„Am Preis ist nichts zu machen. Wir beziehen die aus Bangladesh, billiger geht’s nicht.“
„Dann sollen die woanders sparen. Lassen Sie die Kostüme zwei Nummern enger nähen. Liefern Sie mir Weihnachtsmann-Schlauchhosen!“

So geht das im Geschäftsleben; das Geld wird im Einkauf verdient. Dann hat der Einkäufer eine Busladung Ukrainer bestellt. Die essen nicht viel und sind kälteresistent. Die sind 85 Stunden mit dem Bus gefahren, um hier tief im Westen Weihnachtsmänner zu werden. Abends sitzen sie zu sieben oder acht auf einem Zimmer und gucken Pornovideos, damit ihnen wieder warm wird.

Später habe ich in der Stadt tatsächlich einen Mann mit Elchgeweih gesehen. Es war ein Holländer. Ein Ukrainer verkauft einem Holländer auf einem deutschen Weihnachtsmarkt ein Elchgeweih, das eine burmesische Fünfjährige in der Elchgeweihfabrik eines Obristen zusammengetuckert hat. Das ist Globalisierung.

Holländischen Männern ist das schnurz. Wenn mehr Holländer in der Stadt sind am Wochenende, sieht man auch mehr Elchgeweihe. Holländische Männer machen seltsame Sachen. Sie kaufen sich zum Beispiel Slips, die vorne ein Penis-Futteral in Form eines rosa Elefantenrüssels haben. Oder wenn einer seinen Junggesellen-Abschied feiert, wird er von seinen Freunden am ganzen Körper rasiert und muss, nur mit dem Elefantenrüssel-Slip bekleidet, in ihrem Stammcafé heiße Bitterbollen servieren.

Einmal war ein holländischer Mann nach seinem Junggesellenabschied so betrunken, dass er ins Koma fiel. Einer seiner Freunde, ein Arzt, legte ihm aus Jux einen Gipsverband ums Bein. Am nächsten Morgen erzählten Sie ihm, er habe sich im Suff das Bein gebrochen. Der Mann ist mit seinem Gipsbein (und seiner neuen Frau natürlich) in die Flitterwochen geflogen. Die Freunde hatten sich vorgenommen, hinterher zu fliegen und ihm den Gipsverband wieder abzunehmen. Doch der Mann hatte ihnen aus Angst vor weiteren Streichen ein falsches Reiseziel genannt. So verbrachte er die Flitterwochen mit einem Gipsbein. Die Geschichte kam im Niederländischen Radio als: „Een waargebeurde verhaal“ (Eine wirklich passierte Geschichte). Sie ist natürlich erfunden.

Bild titelt: “Angela Merkel legt den Kanzlereid ab! wo war ihr Mann?”
Ich kann es mir denken. Er hat mit Freunden gefeiert, bis die Schwarte krachte, weil seine Frau endlich eine Lehrstelle als Bundeskanzlerin gefunden hat. Und als er heute Morgen aufwachte, war er am ganzen Körper rasiert, trug einen Elefantenrüssel-Slip und hatte ein Gipsbein. Neben ihm lag ein ukrainischer Weihnachtsmann in roten Schlauchhosen.

26 Kommentare zu “Adventskalender – 12. Türchen – Weihnachtsmann-Schlauchhosen, Elefantenrüsselslips und wo Herr Sauer war

  1. Haha, lieber Jules, in der Tat eine immer noch köstlich zu lesende Adventszeitsgeschichte von dir, mit vielleicht ein klein wenig zu viel Sex, Porno und Alkohol…

    Zumindest, was meinen Geschmack angeht *lächel*

    Dir ein schönes Wochenende wünsche, liebe Morgengrüße vom Lu

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    • Du magst Recht haben, lieber Lu. Für mich sind die Totalvermarktung der Adventszeit mit Weihnachtsparaden (wie in Hamburg) und die Glühweinstände Suff und Porno. Und der schlimmste Porno ist der geschmäcklerische Schriftzug „Aachener Weihnachtsmarkt“ im Foto.

      Ich wünsche dir ebenfalls ein schönes Wochenende
      und lieben Gruß,
      Jules

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  2. Schlauchhosen würde ein Nikolaus nie tragen. Behaupte ich jetzt einfach mal und blende dabei aus, dass auch in München seit längerem die Weihnachtsmänner rumrennen. Nikoläuse halten sich vom Suff fern und die Christkindl auf den Christkindlmärkten schauen die Weihnachtsengel mit ihren Stiefeln strafend an.
    Ich mag die Christkindl- oder Weihnachtsmärkte gerne. Es glitzert und leuchtet und ist….einfach nur schön. Damit ich das so sehe und den ganzen Kommerz und Schrott ausblenden kann, trinke ich immer gleich am ersten Stand eine Feuerzangenbowle. In die Hand und runter damit – dann klappts mit der Weihnachtsstimmung. Ich trinke übrigens nicht mehr als zwei – sonst könnte es passieren, dass ich mit einem Elchgeweih durch die Stadt laufe.

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  3. Mir geht es ein bisschen wie Lu, und ich finde, das Thema „Weihnachten“ kann Sex nur sehr dosiert vertragen. Dieses Jahr habe ich noch gar keinen Weihnachtsmann gesehen – nicht einmal auf dem Weihnachtsmarkt, und ich muss sagen: Vermisst habe ich ihn nicht. Wirklich gute Weihnachtsmänner sind selten.

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  4. Vor einigen Jahren habe ich meinen Kindern „Rölfchen Werwölfchen“ des holländischen Schriftstellers Paul van Loon vorgelesen. Da läuft der Vater mit Lockenwicklern, blau gefärbten Haaren oder einem Kaffeewärmer auf dem Kopf herum, weil er es langweilig findet, so zu sein wie alle anderen. Ein holländischer Freund von mir meint, daß die Holländer generell mit Verrücktheit ganz anders – lockerer – umgehen als die Deutschen. Die Deutschen hätten immer Angst, sich lächerlich zu machen, die Holländer nicht. Es hat natürlich auch etwas mit dem Nationalsozialismus zu tun.

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    • Danke für den hübschen Kurzbericht. Was du schreibst, kann ich bestätigen, denn ich bin oft in den Niederlanden gewesen und habe/hatte dort Freunde. Mir hat die holländische Freimütigkeit immer gut gefallen. Nur den letzten Satz verstehe ich nicht.

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      • Gemeint ist so ungefähr: Wer ein entspanntes Verhältnis zu seiner Vergangenheit hat, kann leichter locker sein und sich auch Verrücktheiten leisten. Die Deutschen dagegen sind – auch aufgrund ihrer nationalsozialistischen Vergangenheit, der Verdrängung, des schlechten Gewissens etc. – tendenziell eher verbiestert.

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  5. Wenn die ukrainischen Weihnachtsmänner in Deutschland nach Feierabend ihre Pornovideos gucken, dann passiert es, dass, sobald der Hauptdarsteller sich seines Elefantenrüsselslip entledigt, den er bis zum Filmende ohnehin nicht mehr benötigt, dieser sich als jeder Holländer entpuppt, der noch vor zwei Stunden ein Elchgeweih erstand.

    Deutschland, der Exportweltmeister, auch für Pornoutensilien made in Bangladesh.

    So muss Globalisierung heute.

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  6. O mein Gott! Hoffentlich liest Christa das nicht, sonst kriege ich wieder eins drüber, weil ich alle weiteren Spekulationen angestachelt hätte. Bei deinem vorletzten Satz geht aber was durcheinander. Aus Bangladesh eingeführt, ist doch Import oder?

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    • Ein typisches Pornorequisit wie z.B. ein Elchgeweih, eingeführt aus Bangladesh = Import
      Weiterverkauft an einen Holländer zwecks Filmdreh oder wozu auch immer = Export

      Das meinte ich mit Globalisierung.

      Das bangladesh’sche Elchgeweih ist ja ein Halbfabrikat, das erst durch den Holländer im Film, solange er es trägt, gewissermaßen veredelt und zum finalen Endprodukt heranreift.

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  7. Jetzt muss ich hier doch mal eine Bresche für Weihnachten und Sex schlagen: 1. ist es das Fest der Liebe und da gehören die 3 Buchstaben definitiv dazu, 2. warum gibt es wohl soviele Oktoberkinder und 3. ja, ich weiß Maria und Jungfrau- lassen wir mal diesen Quatsch beiseite, dann hat Maria uns das Fest durchs Liebemachen ja wohl eingebrockt 😉 …und der beste und ehrlichste Weihnachtsmarkt Hamburgs ist nunmal Santa Pauli :-).

    Lieber Jules, der Text wunderbar, besonders für mein Kopfkino. Ich hab besagte Hosen immer noch vor Augen, obwohl ich sie wirklich lieber nicht sehen möchte. Danke Dir 🙂

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    • Du hast sicher Recht, liebe Andrea. Aber manche verzeihen mir diese Anspielungen nicht, dabei habe ich die „unbfleckte Empfängnis“ nicht mal bestritten. Ich hatte einen Kollegen Religionslehrer, dem die kirchliche Lehrerlaubnis, die Missio canonica, entzogen worden ist, weil er nicht dran glauben wollte. Er ist dann evangelisch geworden, da durfte er wieder lehren. Ich danke dir für dein herzliches Lob, meine Liebe. Tue die Schlauchhosen einfach weg.

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      • Oh mein Gott, lieber Jules ;-), in was für erzkonservative Abgründe lässt Du mich da blicken…und ich dachte, wir würden im 21. Jahrhundert leben. *lach* Ich wünsch Dir einen schönen Abend und die Schlauchhosen sind schon vergessen 😉

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        • Vonwegen. Die katholische Kirche ist nach wie vor ein reaktionärer Verein. 1992 erst wurde Galilieo rehabilitiert, und die Vorhölle für die nach der Geburt ungetauft gestorbenen Kinder hat Papst Benedikt auch erst 2007 abgeschafft.
          Einen teuflisch schönen Abend

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